Zahnextraktion beim Pferd
Auch Pferde sind nicht davor gefeit, irgendwann einmal Zahnprobleme zu bekommen – ganz im Gegenteil. Zahnfehlstellungen beim Pferd sind sogar meistens leider an der Tagesordnung und nicht die Ausnahme. Pferd leiden also in etwa genauso häufig an Zahnproblemen wie wir Menschen – mit allen Konsequenzen. Im schlimmsten Fall kommt es wo weit, dass der betroffene Zahn des Tieres gezogen werden muss – es steht also eine Zahnextraktion beim Pferd an.
Die neuen Möglichkeiten lassen es jedoch zu, die Extraktion mithilfe einer Lokalanästhesie und nicht mehr, so wie früher, zwingend mit einer Vollnarkose durchzuführen. Denn Pferde gelten, was eine Narkose anbetrifft, als bis zu 100-mal empfindlicher als der Mensch.
Möglichkeiten gibt es dafür mehrere, je nachdem, wie der Zustand des zu extrahierenden Zahnes ist.
WORAN ERKENNT MAN ÜBERHAUPT ZAHNPROBLEME BEIM PFERD?
Am besten ist es, wenn regelmäßig beim Pferd eine Zahnkontrolle durchgeführt wird. Von außen kann man es schließlich leider nicht erkennen, wenn ein Zahn Probleme macht. Und generell gelten Pferde als eher schmerzunempfindlich und zeigen einen Schmerz erst dann, wenn er schon stark ausgeprägt ist.
Ist es soweit und der Zahn schmerzt stark, hat das Tier Probleme beim Fressen. Es verliert während des Kauens Futter, speichelt dabei stark, schmatzt und hält oftmals auch den Kopf beim Fressen schräg. Manchmal bilden sich durch das unzureichende Kauen Futterklumpen in den Wangentaschen, die irgendwann herausfallen. Dies könnte ein Zeichen für scharfkantige Backenzähne sein.
Wenn das Pferd über eine längere Zeit Schmerzen im Maul hat, verliert es an Gewicht und bekommt ein stumpfes Fell. Es wird schnell müde und schwitzt auffallend. Dann allerdings ist es höchste Zeit, zu handeln.
WANN IST EINE ZAHNEXTRAKTION BEIM PFERD NOTWENDIG?
Eine Zahnextraktion kann dann angezeigt sein, wenn es zu einer Fraktur des Zahns oder zu einem Zahnwurzelabszess kommt. Auch eine entzündete Wurzel sorgt für Kieferprobleme und Schmerzen. Dann kann es unumgänglich sein, den betroffenen Zahn zu entfernen. In der Maulhöhle des Pferdes ist jedoch ziemlich wenig Platz, weswegen es früher als relativ schwierig galt, eine Zahextraktion beim Pferd durchzuführen. Außerdem sind die Wurzeln von Pferdezähnen äußerst lang und stabil, was das Entfernen nicht einfacher macht.
EINGRIFF ZAHNEXTRAKTION
Wichtig ist es, vor der Zahnbehandlung bzw. dem Eingriff das Pferd sowie dessen Kautätigkeit eingehend zu untersuchen. Außerdem müssen Herz und Lunge abgehört werden, um sicherzustellen, dass die Sedation kein größeres Risiko für das Tier mit sich bringt. Ebenfalls wichtig sind Angaben zum Fressverhalten und zum Kotabsatz des Tieres.
Generell werden bei der Zahnextraktion verschiedene Verfahren angewendet, zumeist die nachfolgenden beiden.
- Die Zangenextraktion: Es handelt sich hierbei um die schonendste Art und Weise, einen Zahn zu extrahieren. Allerdings ist dies nicht bei jedem Zahn möglich, sondern nur dann, wenn dieser mit einen Zange erfasst werden kann. Die Zahnextraktion läuft dann folgendermaßen ab: Der betreffende Zahn wird mittels Zahnspreizern und Hebeln gelockert und dann mit einer passenden Zange erfasst und gelöst. Mit einer speziellen Hebeltechnik kann der Arzt nun den Zahn ziehen. Das verbleibende Zahnfach wird danach wie eine Wunde versorgt und muss, bis alles vollständig abgeheilt ist, regelmäßig kontrolliert und gespült werden. Diese Art der Extraktion wird meistens am stehenden Pferd durchgeführt. Außerdem kommt es bei einer Zangenextraktion am seltensten zu Komplikationen, der Eingriff gilt als relativ unkompliziert.
- Minimalinvasive Bullotomie: Sollte es nicht möglich sein, den Zahn mit der Zange zu ziehen – beispielsweise weil dieser schon zu stark abgebrochen ist – wird mitunter zu einer anderen Variante gegriffen: Der Arzt fertigt einen kleinen Wangenschnitt an und kann dann mit speziellen Instrumenten bzw. mit einer Schraube die Lockerung des Zahns herbeiführen. Das hört sich schlimmer an, als es ist: Der Arzt prüft vorher sehr genau anhand eines Röntgenbildes, wo der kranke Zahn sich befindet und wo das Loch genau zu setzen ist. Ein kleines Loch reicht bereits aus, um den kranken Zahn zu entfernen. Ein gewisses Risiko besteht natürlich immer, wie bei jeder Operation.
DIE SEDATION DES PFERDES
Unter der Sedation versteht man eine vollständige Ausschaltung des Schmerzes durch eine Betäubung des entsprechenden Nervs. Eine Vollnarkose hingegen wird heute im Normalfall bei diesem Eingriff aufgrund der damit verbundenen hohen Risiken nicht mehr durchgeführt.
Die meisten Pferdebesitzer sehen der Sedation zumindest mit gemischten Gefühlen entgegen – immerhin weiß man ja nie, ob das Pferd sie auch wirklich verträgt. Wenn der Arzt diese jedoch fachgemäß verabreicht, sind normalerweise keine Komplikationen zu befürchten.
Da Pferde Fluchttiere sind, wäre es viel riskanter, den Eingriff ganz ohne Sedation vorzunehmen. Außerdem ist eine gründliche Untersuchung der Kaumechanik bei einem nicht sedierten Pferd in der Regel überhaupt nicht möglich.
Bei einer Sedation wird das Pferd ruhig, hat keine Angst und kann sich besser entspannen. Zudem wirkt eine Sedation immer auch schmerzlindernd, was ein weiterer Vorteil ist – nicht nur für das Pferd, sondern auch für dessen Besitzer. Somit wird eine Zahnextraktion beim Pferd, wenn sie denn unvermeidbar ist, so angenehm wie es in dem Rahmen möglich ist.
ZAHNEXTRAKTION PFERD NACHBEHANDLUNG – WAS IST ZU BEACHTEN?
Wenn der Eingriff überstanden ist, darf das Pferd etwa eine Stunde lang nichts zu fressen bekommen – je nach Art der Sedation möglicherweise auch noch etwas länger. Genaue Angaben darüber macht der behandelnde Arzt. Möhren und Äpfel jedoch sollten fürs Erste tabu sein, da diese zu stückig sind und Probleme in der Wunde bereiten könnten.
Vermutlich wird das Pferd etwas mehr schwitzen und auch mehr Harn absetzen, was an den verabreichten Medikamenten liegt.
In die Wunde legt der Arzt eine Tamponade mit Desinfektion, so dass sich darin keinerlei Futterreste ansammeln können. Irgendwann verheilt die Wunde dann von alleine und die Tamponade fällt heraus.
In vielen Fällen wird das frisch operierte Tier für ein paar Tage in der Klinik behalten – zur Beobachtung. Es bekommt bei Bedarf Antibiotika, Entzündungshemmer und Schmerzmittel verabreicht.