Wie gestaltet sich der Haftungsfall bei Kindern?
Kommen Kinder ins Spiel wird eine Familienhaftpflichtversicherung notwendig. Diese versichert leibliche Kinder sowie Stief-, Pflege- und Adoptivkinder automatisch mit, wenn die Option „mit Kindern“ gewählt wird. Bleibt für viele Eltern die Frage, wie das mit der Haftpflichtversicherung bei einem Schaden durch ein eigenes Kind funktioniert. Hier gibt es zwei mögliche Situationen, in denen Ihre Haftpflichtversicherung wegen eines Schadens für ein eigenes Kind für Sie greifen könnte.
Variante 1 – die vernachlässigte Aufsichtspflicht
Sie als Eltern haben Ihre Aufsichtspflicht vernachlässigt. In diesem Fall haften Sie tatsächlich für die entstandenen Schäden und Ihre Haftpflichtversicherung wird die Schadensersatzforderungen in der Regel für Sie übernehmen.
Wann es zu einer solchen Verletzung Ihrer Aufsichtspflicht gekommen ist, muss allerdings im Einzelfall geklärt werden. Denn dafür ist es abhängig, wie alt und wie verständig Ihre Kinder tatsächlich bereits sind. Gerichte haben dabei in der Vergangenheit klare Abstufungen vorgenommen.
Schon gewusst?
Ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2009 (Az. VI ZR 51/08) hat in dieser Rechtsfrage eine gewisse Klarheit gebracht. Hier wurde entschieden, dass Kinder bis vier Jahre so von ihren Eltern beaufsichtigt werden müssen, dass diese zu jeder Zeit eingreifen könnten. Kinder bis zur Vollendung des siebten Lebensjahres müssen hingegen nur noch alle 15 – 30 überwacht werden. Ein kurzer Kontrollblick reicht, um sicherzugehen, dass alles soweit in Ordnung ist. Bei Kindern ab 8 Jahren reicht es aus, wenn die Eltern wissen, wo sich ihre Kinder aufhalten und was diese in etwa gerade tun.
Variante 2 – das Kind muss tatsächlich selber haften
§ 828 Abs.1 BGB sieht vor, dass Kinder bis zur Vollendung des siebten Lebensjahres überhaupt nicht selber haften können. § 828 Abs. 2 BGB weitet diese Nichthaftung für den Straßenverkehr sogar auf Kinder bis zur Vollendung des zehnten Lebensjahres aus. Absatz 3 der Rechtsnorm geht sogar so weit, dass Kinder unter 18 nur dann zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn sie „die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht“ haben.
Im Klartext bedeutet das, dass eine Haftpflicht für Kinder nur dann besteht, wenn diese alt genug sind und vom Charakter und der persönlichen Einsichtsfähigkeit weit genug entwickelt sind, um das Ausmaß ihres Fehlers zu erkennen. So hat ein Gericht beispielsweise bei einem Achtjährigen, der eine Scheune angezündet hat, festgestellt, dass diesem das Ausmaß seiner Tat hätte klar sein müssen. In diesem Fall greift die Familienhaftpflichtversicherung der Eltern. Doch es gibt auch ausreichend Situationen, in denen das nicht der Fall ist. Dann stehen Eltern nicht selten vor einem Dilemma. Denn wenn keine Haftpflicht der Kinder besteht, die Eltern aber auch ihre Aufsichtspflicht nicht vernachlässigt haben, haften weder das Kind noch die Eltern. In diesem Fall wird Ihre Haftpflichtversicherung den Schaden, der durch Ihr eigenes Kind verursacht wurde, nur dann übernehmen, wenn Sie eine entsprechende Zusatzabsicherung vereinbart haben.